Bohrkern mit Pyroklastika (Foto: J. Mingram)


Das Eckfelder Maar liegt nordöstlich von Manderscheid, am Südrand des Hocheifel-Vulkanfeldes, für das eine rege, vom Mitteleozän bis zum Untermiozän (45-24 Millionen Jahre) anhaltende vulkanische Aktivität nachgewiesen ist. Aus dem Eckfelder Maar waren schon länger verwitterte Vulkangesteine bekannt, von denen anzunehmen war, dass sie beim Ausbruch des Maares gefördert worden waren. Aus 1996 durchgeführten Kernbohrungen wurden unverwitterte Vulkangesteine gewonnen, für die ein radiometrisches Alter von 44,3 ± 0,4 Millionen Jahren bestimmt wurde. Dieses Alter markiert sowohl die Entstehung des Kraters selbst als auch das Alter der Fossilien. Damit liegt für das europäische Eozän erstmals eine numerische Datierung einer kontinentalen Lebensgemeinschaft vor.

Zahlreiche Eruptionen sprengten damals binnen weniger Tage oder Wochen einen bis 1000 Meter großen und bis zu 210 Meter tiefen Krater in die Landoberfläche. Nach Abschluss dieser vulkanischen Aktivität füllte sich der Krater rasch mit Grundwasser. Der so entstandene See hatte anfangs eine Tiefe von minimal 110 Meter, möglicherweise auch bis 150 Meter. An seinem Grund wurde über groben vulkanischen Schuttmassen zunächst eine nur wenige Meter mächtige Abfolge heller, fein geschichteter Tone abgelagert. Über diesen setzen nahezu unvermittelt dunkel gefärbte Ölschiefer ein, die über einen Zeitraum von bis zu 250.000 Jahren hinweg gebildet wurden und allmählich den See verfüllt haben.


Bohrkern mit 'Ölschiefer' (Foto: J. Mingram)

Bei Einsetzen der Ölschieferbildung war der
Blütenkelch unbestimmte Blüte Pollen See chemisch geschichtet: Sein Wasserkörper bestand aus einem oberen, sauerstoffreichen Teil und aus einem unteren, sauerstoffarmen Teil mit einem hohen Gehalt gelöster Mineralien und entsprechend hoher Dichte. Diese Besonderheit verhinderte langfristig eine regelmäßige Umwälzung beider Wasserkörper wie auch eine Besiedlung des Seebodens zum Beispiel durch grabende Organismen. Dies erklärt die perfekte Überlieferung sowohl feinster Sedimentstrukturen als auch der auf den Seeboden abgesunkenen Organismen. Das im Tiefenwasser nur eingeschränkt ablaufende Recycling des organischen Materials ermöglichte selbst die Überlieferung komplexer organischer Moleküle. Fragment eines Fächerpalmenblattes

Gelegentlich kam es jedoch zu Uferabrissen, die, wie zum Beispiel auch starke Stürme, eine teilweise Durchmischung beider Wasserkörper und damit eine vorübergehende, mehr oder weniger gravierende Vergiftung des Oberflächenwassers verursachten. Die vergleichsweise geringe Artenvielfalt der im See selbst lebenden Organismen und die Beobachtung, dass es sich zumindest teilweise um Arten handelt, die schwankende Salzgehalte tolerieren, finden so eine Erklärung.

Landlebende Organismen sind dagegen arten- und individuenreich dokumentiert und meist exzellent erhalten. So sind etwa bestimmte Käferarten mit ihren originären Strukturfarben und Säugetiere mit "Haut und Haaren" und selbst "Mageninhalt" überliefert. Die Flora umfasst neben Algen, Pilzen, Moosen und Farnen eine Vielzahl von Samenpflanzen. Etwa zweihundert allein aus einem nur etwa drei Meter mächtigen Profilabschnitt nachgewiesene Gattungen zeugen von einem artenreichen Wald, dessen ufernahe Saumgesellschaften offensichtlich von verschiedenen Lianen geprägt waren. Rüsselkäfer Die Zahl der Blätter, Früchte und Samen geht in die Tausende. Inzwischen konnten auch annähernd achthundert Blüten und Blütenstände unterschiedlicher Familienzugehörigkeit geborgen werden. Deren Bedeutung liegt zum einen darin, dass ihre Staubbeutel meist noch Pollen enthalten, was die systematische Zuordnung bislang nur isoliert bekannter Pollenformen ermöglicht. Zum anderen liefern sie Informationen über die Koevolution von Blütenpflanzen und Insekten. In welcher Qualität Interaktionen zwischen beiden Gruppen unmittelbar aus den Fossilien erschließbar sind, zeigt eine "Honigbiene". 'Eckfeld-Barsch', Pararhenanoperca eckfeldensis
Sie trägt noch heute ihre letzte Pollenfracht auf Körper und Hinterbeinen.

Auch Funde so unterschiedlicher Gruppen wie Süßwasserschwämme, Muscheln, Schnecken, Muschelkrebse, Spinnentiere, Insekten, Fische, Amphibien, Reptilien, Vögel oder Säuger dokumentieren das außergewöhnliche Überlieferungspotential der Sedimente des Eckfelder Maares. Am häufigsten und artenreichsten sind erwartungsgemäß die Insekten, die bereits mit zehn Ordnungen vertreten sind. Amphibien sind dagegen nur durch ein Teilskelett eines Frosches belegt. Dieser zunächst überraschende Befund wird allerdings verständlich, wenn man bedenkt, dass die steilen und instabilen Uferzonen des Sees nur sehr wenig geeigneten Lebensraum boten.Trächtige Urpferdstute - Propalaeotherium voigti
Unter den zahlreichen Funden von bereits mehr als zwanzig verschiedenen Säugetier-Arten verdienen erste Reste zweier Primaten-Arten und fünf Skelette der Urpferd-Gattung Propalaeotherium besondere Erwähnung. Wichtig sind auch die ersten überhaupt gefundenen undeformierten Schädel dieser Gattung.

Welche Informationen über das mitteleozäne Klima Mitteleuropas liefert nun das Eckfelder Maar? Hier sind zunächst einmal die "Bioindikatoren" unter den Eckfelder Fossilfunden von Bedeutung. Palmen und Krokodile, um nur zwei Beispiele zu nennen, liefern hier wichtige Hinweise auf subtropisch-tropische Temperaturen. In Eckfeld sind aber auch sehr viel weiter gehende Erkenntnisse über das Klima zu gewinnen. Sedimente von Maarseen sind nämlich hochauflösende Klimaarchive: Es handelt sich um sogenannte Warvite, deren Feinschichtung auf jährlichen und selbst saisonalen Periodizitäten beruht, das heißt, in ihnen sind sedimentologische und biologische Ereignisse mit der maximal denkbaren zeitlichen Auflösung gespeichert. Selbst Aktivitätsschwankungen der Sonne (z.B. Sonnenfleckenzyklus) und planetare Einflüsse (Milankovitch-Zyklen) lassen sich aus ihnen ablesen. Mit den 1996 und 1999 in Kooperation mit dem Geologischen Landesamt Rheinland-Pfalz und dem GeoForschungsZentrum Potsdam erbohrten Ölschieferkernen wurden die Grundlagen für derartige Untersuchungen geschaffen. Die noch laufenden interdisziplinären Auswertungen haben die detaillierte Rekonstruktion von Klimaschwankungen und die Analyse ihrer möglichen Ursachen und Auswirkungen zum Ziel.

Durch günstige Umstände haben sich in der WesteifelOberkiefer-Backenzahn des Primaten Europolemur (Foto: S. Tränkner) Unterkieferfragment eines Primaten (Foto: S. Tränkner)
- neben dem Eckfelder Maar - noch weitere Sedimentvorkommen aus dieser Zeit erhalten. So konnten das mitteleozäne Relief und das regionale Gewässernetz in groben Zügen rekonstruiert werden. Damit sind die im Eckfelder Maar gewonnenen Befunde in einen paläogeographischen Bezug zu stellen.


Das Forschungsprojekt 'Eckfelder Maar' wird seit 1989 vom Land Rheinland-Pfalz und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft seit 1992 im Normal- und seit 1998 im Projektbündelverfahren gefördert.

Fossilien aus dem Eckfelder Maar sind ausgestellt im Naturhistorischen Museum Mainz und dem Maarmuseum Manderscheid


© Landessammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz


Literatur (Auswahl):

Lutz, H., Frankenhäuser, H. & Neuffer, F.O. (1998): Fossilfundstätte Eckfelder Maar - Archiv eines mitteleozänen Lebensraumes in der Eifel. - 1-51; Mainz.

Martin, W. (1992): Geologische Wanderkarte von Rheinland-Pfalz. - 59 S., 2 Farbtaf., 4 Karten; Mainz (Naturhistorisches Museum Mainz / Landessammlung für Naturkunde).

Martin, W. (1992): Geologische Wanderkarte von Rheinland-Pfalz. - Karte plano DIN A1; Mainz (Naturhistorisches Museum Mainz / Landessammlung für Naturkunde).

Mertz, D.F., Swisher, C.C., Franzen, J.L., Neuffer, F.O. & Lutz, H. (2000): Numerical dating of the Eckfeld maar fossil site, Eifel, Germany: A calibration mark for the Eocene time scale. - Naturwissenschaften, 87: 270-274; Weinheim.

Neuffer, F.O., Gruber, G. & Lutz, H. [Hrsg.] (1994): Fossillagerstätte Eckfelder Maar. Schlüssel zur eozänen Entwicklungsgeschichte der Eifel. - Mainzer naturwiss. Archiv, Beiheft 16: 1-222; Mainz.

Neuffer, F.O. & Lutz, H. (Hrsg.) (2000): Exkursionsführer. Field Trip Guidebook. Internationale Maar-Tagung. International Maar Conference, Daun / Vulkaneifel, August 17-27, 2000. - Mainzer naturwiss. Archiv, Beiheft 24: 1-160; Mainz.

Pirrung, M., Büchel, G. & Jacoby, W. (2001): The Tertiary volcanic basins of Eckfeld, Enspel and Messel (Germany). - Z. dt. geol. Ges., 152 (1): 27-59; Stuttgart.

Vos, H., Mingram, J. & Negendank, J.F.W. (2000): Comparative time series analyses of laminated sediments from central European maar lakes (Eckfeld + Messel, Eocene; Pula + Gerce, Pliocene). - Terra Nostra, 2000/6: 485-495; Berlin.

Wilde, V. & Frankenhäuser, H. (1998): The Middle Eocene plant taphocoenosis from Eckfeld (Eifel, Germany). - Rev. Palaeobot. Palynol., 101 (1-4): 7-28; Amsterdam.

Das Eckfelder Maar. Ein Blick in die Vergangenheit (1999/2000). CD-ROM, produziert von B. Scheibner und H. Weichmann, Terra TV Videoproduktion, im Auftrag der Landessammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz / Naturhistorisches Museum Mainz.

Vollständiges Schriftenverzeichnis